Aus dem Leben eines Autofahrers

Ich habe ein Auto, bin seit dem bekannt,
einen Super-Sport-Coupé Trabant.
Aus zweiter Hand, heimlich besorgt,
für knapp 9.000 Mark, von Opa geborgt

Auch ich lebte einst in glücklichen Tagen
da sprach meine Alte, wir brauchen `nen Wagen!
Nicht nur bei uns ist das so Brauch -
was der Nachbar hat brauchen wir auch.

Ich sagte: "Elfriede - da braucht man doch Geld!"
"Egal alles andere wird abbestellt."
Und so begannen - oh Gott bewahre,
zwei ausgesprochene Hungerjahre.

Täglich hauchdünn Margarine auf´s Brot,
innerfamiliäre Hungersnot.
Wie Bier schmeckt hatte ich längst vergessen,
die Kinder mußten plötzlich Schulspeisung essen,
So lebte man gesund, so bebte man richtig -
Wir kriegen ein Auto und nur das ist wichtig.

Dann hatte Elfriede die Lösung gefunden:
"Otto, Du machst Überstunden!"
Sogar am Sonntag hab ich noch Kohlen getragen,
Elfriede sprach immer: "Denk an den Wagen!"

Meine Briefmarkensammlung hab ich verkloppt,
die Pfeife mit Himbeerlaub gestoppt,
bekam ich `ne Prämie - bekam ich Lohn,
am Werktor stand Elfriede schon.

Mein Lieblingshobby mußte warten,
mein Unterhaltungsgemüsegarten.
Nicht einmal Dünger durfte ich kaufen
Elfriede sprach immer: "Das kostet 'nen Haufen!"

Das Klo kommt in den Garten, wir düngen Natur,
und das geschah dann mit Bravour.
Früh sah man uns mit Entzücken,
im Garten um die Wette drücken.
Gemüse und Obst gediehen richtig,
Bald kommt unser Auto - und nur das ist wichtig.

Dann trat die Karre in mein Leben.
Ich wollt den Tag hätte es nie gegeben.





Ich kam von Arbeit und war ganz verwundert -
da stand ein Trabbi vom Typ 600!
Elfriede hatte sich sehr bewährt,
und schon alle Formalitäten geklärt.
9.000,- von Opa, ich sah ihn noch grinsen,
"Ich borg`s euch gerne, mit 10 % Zinsen.

Der Nachbar war gern zum Verkauf bereit,
später verstand ich, es war höchste Zeit!
Mir gefiel der Wagen gleich nicht so richtig
doch wir haben ein Auto - und nur das ist wichtig.

Von nun an hatte ich nichts mehr zu lachen,
als erstes hieß es "Führerschein machen!"
Drei Prüfungen mußte ich bestreiten,
denn der Prüfer konnte mich nicht leiden.
Ich lernte weiter ganz verbissen,
heute belasten mein Gewissen:
3 Autos, eine wilde Sau und dazu noch ´ne alte Frau.
Ein Langstreckenläufer sah mich zu spät,
der hat heut 'nen Rollstuhl - ein schönes Gerät.

Dann kam Silvester, es war einfach toll;
Verkehrskontrolle - und ich war voll.
Statt zu puste - ach du meine Güte -
war plötzlich der Heringssalat in der Tüte!
Die Fahrerlaubnis dafür null und nichtig -
wir haben ein Auto und nur das ist wichtig.

Elfriede tobte wie ein Drachen:
"Nun werde ich die Fahrerlaubnis machen!"
Sie schaffte es gleich - sie war raffiniert
und hat einfach mit dem Fahrlehrer poussiert.

Ich saß dann daneben, sie fuhr den Wagen.
Meine Haare ergrauten in wenigen Tagen.
So will ich in bewegten Bildern,
einen Sonntagsurlaub schildern.

Sonntags früh war's sonst immer so nett,
da durfte ich nochmals zu Elfriede ins Bett.
An dem Sonntag sagte sie kurz und knapp:
"Otto, wasch den Wagen - los hau ab."
Und weiter dann mit ernster Mine,
"Wir fahren heute gemeinsam ins Grüne."




Die Karre war sauber, wie ein Rubin,
die Kinder saßen auch schon drin.
Elfriede konnte nicht mehr warten -
Schlüssel rein, sie wollte starten.
Ich seh noch heute ihr blödes Gesicht -
wir wollten fahren, der Trabbi nicht.
Ich schob ihn hin, ich schob ihn her,
bergauf schob sich's besonders schwer!
Dann hatte Elfriede ungeniert,
die ganzen Hebel abmontiert.
Sie wechselte an Ort und Stelle,
Reifen, Hupe, Kurbelwelle.
So war es bald Elfe schon,
der Motor sagte keinen Ton.

Elfriede begann schon wieder zu toben:
"Otto rann, es wird nochmal geschoben!"
Ich triefte vor Schweiß, da schrie sie nun:
"Otto ich hab's, der Benzinhahn war zu!"
Nun endlich lief der Trabbi richtig -
wir haben ein Auto und nur das ist wichtig.

Elfriede sprach: "Wir können fahren."
Auch wenn noch ein par Teile übrig waren!
Seitdem habe ich äußerst unbequem gesessen,
denn die Stoßdämpfer hatte sie natürlich vergessen.

Dann kam der nächste Schicksalsschritt,
Oma und Opa wollten auch noch mit.
Wir begrüßten uns mit viel Geschrei -
Opas Dackel war auch noch dabei.
Elfriede machte das Fahren Spaß
statt zu bremsen gab sie Gas.
Bei jedem Schlagloch sprang die Chassis,
Opa verlor die Zahnprothese,
Oma die grad' voller Entzücken
dabei wahr einen Strumpf zu stricken,
sprang bei jeder Bremsung vor -
und ich bekam die Nadel ins Ohr.

Auch mit dem Dackel war es ein Graus,
der spuckte immer wieder sein Frühstück aus.
Nur wenn ich half lenkte Elfriede richtig -
wir haben ein Auto und nur das ist wichtig.

Vorbei ging es an einem Bauernhof,
da stand ein Hahn, der guckte doof.
Noch ehe ich Elfriede gezügelt,
hatte sie ihn aufgebügelt.
Ich nahm das Tierchen voll Entsetzen
und sprach zum Bauern: "Ich werd ihn ersetzen."

Der hatte den Schmerz noch nicht überwunden,
musterte mich von oben bis unten;
"Nein." sagte er. "Vor solchen Nieten,
muß man nicht nur die Hühner behüten."

Weiter ging es rasend und wild,
vor einer Schule stand ein Schild;
"Fahrt langsam und mit Übersicht,
überfahrt die kleinen Kinder nicht!"
Darunter stand mit Kreide prompt;
"Wartet bis der Lehrer kommt!"

Dann ging es bergab und ich sah ganz verwundert,
die Tachonadel stand auf 100!
Sie meinte wohl, der Mensch -  er denkt,
und der liebe Gott - er lenkt.
Bei 130 kaum zu fassen,
hat sie ihn dann auch lenken lassen.

Der liebe Gott ist sonst zwar tüchtig,
dich diese Gegend kannte er wohl nicht richtig.
Bei 140, ich sehe es noch richtig vor mir -
das rechte Hinterrad war schneller als wir!
Drei Bäume gestreift - den vierten frontal.
Wir überschlugen uns fünfmal.
Es krachte, klirrte und polterte tüchtig -
was ist mit dem Wagen - nur das ist wichtig?!

Ich erwachte mit Gewimmer -
ringsum rauchten noch die Trümmer.
Elfriede war es zum Glück gelungen,
sie war mit den Kindern abgesprungen.
Besorgt trat sie näher: "Otto komm mal her -
wie geht es Dir, tut Dir was weh?"
"Nein."; sprach ich mit zerfetzten Sachen.
"Nur der Kopf, und zwar beim Lachen!"

Schwankend begann ich den Opa zu suchen
da kam aus den Trümmern ein lautes Fluchen.
Auf dem Ersatzrad, da saß er geduckt -
"Otto komm mal her, ich hab meine Zähne verschluckt!"
Ich sah nach vorn, ich sah nach hinten,
die Oma war nicht aufzufinden.
Ihr Hörrohr fanden wir im Dreck -
zu rufen hatte keinen Zweck.

Wir suchten 3 bis 4 Stunden,
durch Zufall wurde sie gefunden,
als Opa grad zum Himmel sah
und plötzlich rief: "Da ist sie ja!"

19 Meter höher saß sie fast,
im zweiten Baum auf einem Ast.
Was in der Zwischenzeit passiert,
hatte sie noch nicht kapiert.
Sie saß da wie ein stolzer Reiter,
mitsamt dem Strumpf und strickte weiter.
Wir haben uns dann sehr beeilt
und sie ganz sachte abgeseilt.
Es war zum Glück nicht viel gescheh´n
nur den Dackel haben wir nicht wiedergeseh´n.

Ein böser Tag war für uns aus,
bis heut lag ich im Krankenhaus.
Da kam Elfriede mich besuchen,
sie brachte Obst und etwas Kuchen.
Was dann noch kam, das ging zu weit,
sie hatte eine Neuigkeit.

Wir machten einst zum Zeitvertreiben,
mit an einem Preisausschreiben.
Heut` gab man die Gewinner bekannt,
wir haben gewonnen - einen Trabant!!!

Kaum hört ich da, da sprang ich auf
und eilte fort im Dauerlauf.
Irgendwo, da lasse ich mich nieder
und hoffe ich sehe kein Auto wieder!

Essen und Trinken werd´ ich wieder richtig -
ihr Autofahrer, das ist wichtig!
Ab heute bin ich wieder öfter blau
und darauf ein dreifaches

HELLAU